Zuletzt geändert am 20. August 2023 von Sonja

Deutschlands vielfältige Geologie

Deutschlands Geologie ist außerordentlich vielfältig. Auf relativ kleinem Raum gibt es Gesteine aus jedem Erdzeitalter – vom Präkambrium bis zum Quartär – und jeder großen Gesteinsgruppe. Warum ist dies so? Und wie lässt sich Deutschland dennoch sinnvoll geologisch gliedern? Diesen Fragen geht dieser Artikel nach. Dabei blicken wir auch über die politischen Grenzen Deutschlands hinaus, da sich viele Strukturen auch in die Nachbarländer fortsetzen.

Warum ist Deutschlands Geologie so vielfältig?

Das heutige Deutschland hat im Laufe der letzten etwa 600 Millionen Jahre so einiges „erlebt“. Mitten durch Deutschland verläuft sogar die Grenze zweier Mikrokontinente, die vor rund 400 Millionen Jahren durch einen Ozean getrennt waren. Später wurden diese, gemeinsam mit den anderen damaligen Kontinenten zusammengeschoben. Vor rund 320 Millionen Jahren entstand dadurch ein Hochgebirge – etwa so hoch wie der Himalaya heute – das den entstandenen Superkontinent Pangäa durchzog. Überreste davon sind an vielen Orten Europas noch zu finden – in Deutschland insbesondere in einigen der sogenannten Mittelgebirge. Die heutigen Mittelgebirge sind jedoch nicht wegen der damaligen (variszischen) Gebirgsbildung morphologische Gebirge. Vielmehr wurde das variszische Gebirge erodiert, jüngere Gesteine wurden abgelagert – zum Teil sogar in Meeren, die das Land überfluteten. Schließlich gab es wieder Hebungsbewegungen, verbunden mit Erosion und nicht zuletzt in den Eiszeiten wieder starke Veränderungen der Landschaften.

In diesem Artikel erläutere ich die vielfältige Geologie an sich noch etwas genauer und gehe auch darauf ein, wie diese sinnvoll gegliedert werden kann.

Ordnung ins Chaos bringen

Ziemlich bunt: Die Geologische Karte Deutschlands

Sieh Dir doch mal die Geologische Übersichtskarte Deutschlands an. Hier findest Du die von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe veröffentlichte „offizielle“ Karte im Maßstab 1:1.000.000.000. Wenn du unter „Themen“ noch einen Haken bei „Geologie Deutschland“ setzt, siehst Du viele bunte Farben. Klicken auf die einzelnen Flächen gibt mehr Informationen über die Bedeutung der jeweiligen Farbe, insbesondere zur Stratigraphie (Alter) und Petrographie (Gesteinsart) (die „Legende“ selbst hilft nicht wirklich weiter).

Tatsächlich ist diese Übersichtskarte schon vereinfacht – die Geologischen Kartenblätter (in der Regel im Maßstab 1:25.000) zeigen noch wesentlich mehr Unterschiede (wobei auch diese schon manches zusammenfassen, was der kartierende Geologe ursprünglich im Gelände beobachtet hat. Dies musste ich auch für die Erstellung meiner Diplomkartierung 1998 im Nordosten von Thüringen tun – der heute unter Naturschutz stehende Finnberg allein zeigt zig verschiedene Kalksteinschichten des Unteren Muschelkalks, die höchstens im Maßstab 1:10 noch einigermaßen darstellbar gewesen wären…

Doch für einen Überblick über die Geologie Deutschlands wie ich ihn an dieser Stelle geben möchte, ist selbst die verlinkte Geologische Übersichtskarte noch viel zu genau. Daher habe ich eine stark vereinfachte Geologische Karte erstellt, auf der nur noch die wichtigsten Gesteinsalter und Gesteinsarten unterschieden werden.

Diese sehr stark vereinfachte (!) geologische Karte Deutschlands dient dem vergleichenden Überblick, den ich in diesem Artikel versuche. Viele (selbstverständlich interessante und für verschiedene Fragestellungen wichtige) Details wurden hier weggelassen.

Eine sehr einfache geologische Karte Deutschlands

Auf dieser stark vereinfachten geologischen Karte Deutschlands unterscheide ich nur noch fünf verschiedene Gesteine. Einerseits unterscheide ich nur sehr grob drei Arten von Gesteinen, nämlich Gesteine des Variszikum, Vulkangesteine und Sedimentgesteine. Andererseits unterteile ich die Gesteinsalter in vier Abschnitte (Variszikum – dies steht für alle in der erwähnten variszischen Gebirgsbildung gebildeten oder deformierten Gesteine vom Präkambrium bis zum Karbon, Perm – für die direkt nach dieser Gebirgsbildung abgelagerten Sedimentgesteine, Mesozoikum – für den gesamten Zeitraum von Trias, Jura und Kreide, in dem durch eine mehrfache Überflutung durch flache Meere eine Vielzahl unterschiedlicher Sedimentgesteine abgelagert wurden, sowie Känozoikum – für die jüngsten, heute überwiegend als Lockersedimente vorliegenden Ablagerungen unter anderem im Zusammenhang mit der Entstehung der Alpen und der Eiszeiten.

 

Dies ist eine äußerst grobe Unterteilung (wobei ich im Buchkapitel über die Geologie Deutschlands im Buch „Geologie für Dummies“ sogar noch weiter zusammenfasse, nämlich auch Perm und Mesozoikum nicht mehr unterscheide…). Auf den ersten Blick werden hiermit jedoch Ähnlichkeiten verschiedener Regionen erkennbar, die sonst erst nach eingehender Betrachtung zu sehen sind.
Im Folgenden versuche ich also einen vergleichenden, sehr stark vereinfachten Überblick über Deutschlands vielfältige Geologie.

 

Vereinfachter Überblick über die Geologie Deutschlands

Geologen beschreiben Gebiete meist vom ältesten bis zum jüngsten Gestein und erläutern die jeweils mit der Gesteinsentstehung verbundenen Prozesse chronologisch. Wird beispielsweise ein einzelnes Mittelgebirge in der üblichen geographischen Abgrenzung beschrieben, ist dies durchaus sinnvoll. Sollen jedoch mehrere nacheinander beschrieben werden, müsste man einige Tatsachen mehrmals wiederholen und dadurch ständig „in der Zeit springen“, was ziemlich umständlich ist. Handelt man ein großes Gebiet jedoch streng chronologisch ab, muss man sehr viel räumlich springen, was es wiederum für Leser schwierig macht.

In diesem Artikel lege ich den Schwerpunkt darauf, jeweils vergleichbare Regionen im Zusammenhang zu erläutern. Mit vergleichbar meine ich, dass die Gebiete gemeinsam entstanden oder im gleichen geologischen Zeitraum erhebliche Veränderungen erfahren haben. Einzelne Gebiete mit ihrer jeweiligen Entwicklungsgeschichte nenne ich nur exemplarisch.

Es handelt sich hier um einen groben Abriss, der als Überblick und Einstieg dienen soll. In einem begleitenden Artikel zum Variszikum findest Du mehr über die Zusammenhänge zwischen einigen Mittelgebirgen. Weitere Einzelthemen wie die Alpen, Schichtstufenlandschaften, oder Jüngere Vulkangebiete sowie ausgewählte einzelne Mittelgebirge beschreibe ich (jeweils kurz und knapp) im Kapitel „Welche Gesteine sind wo und warum – Regionales Beispiel: Deutschland“ im Buch „Geologie für Dummies“

 

Überreste des variszischen Hochgebirges

Von den ältesten Gesteinen gibt es in Deutschland nur noch Überreste in jüngeren Gesteinen. Auch die Gebirgsbildungen vor der variszischen Gebirgsbildung hinterließen zwar Spuren, sind jedoch für die hier vorgenommene Gliederung der vielfältigen Geologie Deutschlands nicht weiter relevant. Wir beginnen daher mit dem bereits erwähnten variszischen Hochgebirge, dessen Überreste in verschiedenen Mittelgebirgen (nicht nur in Deutschland) aufgeschlossen sind.

Über die Vorgänge der variszischen Gebirgsbildung vor mehr als 300 Millionen Jahren sei hier nur erwähnt, dass während der Entstehung der Alpen (seit rund 100 Millionen Jahren) einzelne von großen Verwerfungszonen begrenzte Bereiche wieder herausgehoben (Geologen sagen dazu „exhumiert“) wurden. Dadurch sind die Gesteine des Variszikum heute teilweise aufgeschlossen (siehe violette Bereiche auf der geologischen Karte oben) und bilden große Teile der meisten Mittelgebirge Deutschlands, zum Beispiel Schwarzwald, Taunus, Harz oder Erzgebirge. Mehr über das Variszikum erfährst Du in einem begleitenden Artikel. 

Permbecken

Am Ende der variszischen Gebirgsbildung und dem damit verbundenen Magmatismus, entstand das sogenannte Südliche Permbecken mit vielen kleineren Sedimentationsräumen. Nach den roten Sedimentgesteinen der relativ trockenen Ablagerungsbedingungen wird das untere Perm auch als Rotliegend bezeichnet. Daneben kommen auch vulkanische Gesteine vor. Aufgeschlossen ist das Rotliegend insbesondere im Saar-Nahe-Becken und im Thüringer Wald. Der auf das Rotliegend folgende Kupferschiefer enthält Eisen-, Kupfer- und andere Erze, die jedoch nicht von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Anders jedoch die Gesteine des Zechsteinsmeers (beispielsweise Gips, Stein- und Kalisalze) wie im Werra-Kalirevier.

Mesozoische Schichtstufenlandschaften

In großen Teilen Deutschlands sind mesozoische Gesteine (Trias, Jura und Kreide) aufgeschlossen. Dies sind verschiedene härtere Sandsteine (zum Beispiel die des Buntsandsteins oder Keupers oder Kalksteine (wie die des Muschelkalks oder Jura) und weichere Tonsteine, die durch jüngere tektonische Bewegungen um wenige Grad geneigt sind. Die härteren Schichten sind verwitterungsbeständiger und bilden daher Steilstufen. Die entstehenden Schichtstufenlandschaften sind beispielsweise im Süddeutschen Schichtstufenland mit der Schwäbischen und Fränkischen Alb, im Thüringer Becken sowie im Niedersächsischen Bergland zu finden. Gesteine der Kreide sind beispielweise in der Rügener Schreibkreide, dem Münsterschen Becken und im Elbsandsteingebirge aufgeschlossen.

Alpen und Vorland

Auf der geologischen Karte (siehe obige Abbildung) ist ganz im Süden Deutschlands ein Teil der Nördlichen Kalkalpen zu erkennen. Diese Kalksteine, darunter der Wetterstein-Kalk, der die Zugspitze aufbaut, wurden in der Trias abgelagert – in einem Meer, das bei der Gebirgsbildung zusammengeschoben wurde. Die südlich der Kalkalpen gelegenen Regionen der Alpen (die sich geologisch zu Helvetikum, Penninikum, Ostalpin, Südalpin und Flysch zusammenfassen lassen) werden hier nicht näher betrachtet. Im nördlichen Alpenvorland, dem Molassebecken, hingegen wurden während der Gebirgsbildung der Alpen (seit 100 Millionen Jahren mit Schwerpunkt vor rund 20 Millionen Jahren) bis zu 5000 Meter Sedimente abgelagert, die aus dem jungen Gebirge abgetragen wurden.

„Tertiär“

Die Entstehung der Alpen hat weit über das im Vorland einsinkende Molassebecken hinaus eine große Bedeutung für die Geologie Deutschlands. Wie bereits erwähnt wurden durch die Gebirgsbildung auch die variszischen Mittelgebirge entlang von Verwerfungszonen herausgehoben. Andererseits wurden auch große tektonische Gräben wie der Oberrheingraben oder die Niederrheinische Bucht gebildet. All diese Gräben sind mit mächtigen Sedimenten des Paläogens und Neogens gefüllt. Da Paläogen und Neogen traditionell als Tertiär zusammengefasst wurden, ist für die Gebiete noch die Bezeichnung „Tertiäre Senken“ gebräuchlich.

Im Tertiär (genauer gesagt im zum Neogen zählenden Miozän, vor 14,6 Millionen) schlug auch ein Asteroid in Süddeutschland ein und bildete den „Nördlinger Ries“ genannten Impaktkrater, in dem es neben Sedimenten auch durch den Einschlag gebildete Impaktgesteine gibt.

Junge Vulkangebiete

Ebenso während des Tertiärs, zum Teil auch noch im Quartär, entstanden quer durch Deutschland auch einige Vulkangebiete wie die Vulkaneifel, der Vogelsberg oder die Rhön. Vor allem im Miozän waren Basaltvulkane aktiv, in manchen Gebieten auch im Quartär, sogar bis ins Holozän. Die Eifel ist auch heute noch potenziell aktiv, wie Gasaustritte von Kohlenstoffdioxid im Laacher See zeigen.

Norddeutsches Tiefland

Bleibt noch das Norddeutsche Tiefland, das sich von den Mittelgebirgen bis zur Küste erstreckt und damit den flächenmäßig größten Anteil auf der obigen Karte einnimmt. Dies wird durch hunderte Meter mächtige Lockersedimente des Quartärs geprägt, die während der Eiszeiten von den Gletschern abgelagert, die aus Skandinavien und dem Baltikum ins heutige Norddeutschland vordringen konnten. Durch die Erosion und die Sedimentbedeckung ist die Morphologie der Region wenig abwechslungsreich.

Zusammengefasst:

Die geologische Geschichte des heutigen Deutschlands ist lang und kompliziert. Dadurch entstanden viele verschiedene Gesteine. Es ist jedoch möglich, Regionen, die jeweils gemeinsam entstanden (oder verändert wurden), zusammenzufassen und durch diese Vereinfachung die geologischen Zusammenhänge leichter zu verstehen.

 

Komm mit mir in den Taunus und erlebe die faszinierende Geologie dieses Mittelgebirges