Zuletzt geändert am 18. Juli 2022 von Sonja

12 Dinge für die geologische Geländearbeit, und was ich damit mache

 

Das schönste an der Arbeit als Geologin ist für mich die Geländearbeit. Bei der Arbeit zumindest gelegentlich draußen sein zu können, war für mich mit ein Grund dafür, Geologie zu studieren. In diesem Artikel möchte ich Dir erzählen, welche 12 Dinge ich fast immer im Gelände dabei habe, und was ich als Geologin damit mache.
Dabei meine ich nicht Essen, Trinken, Regenkleidung und Telefon. Diese Dinge habe ich auch eigentlich immer dabei, aber die sind nicht speziell für Geologen. Auch den Rucksack erwähne ich nicht extra.

Hier beschreibe ich 12 Dinge, die zu meiner geologischen Geländeausrüstung gehören. Nicht immer habe ich alle 12 dabei, das kommt immer auf das Ziel meiner jeweils vorgesehenen Tätigkeit an. Im Folgenden erfährst Du, was ich wann und zu welchem Zweck dabei habe, und was ich damit mache.

Beim Zeichnen ins Feldbuch

am Goldgrubenfelsen im Taunus
Foto: Nicole Herr 

1. Feldbuch

Ganz wichtig und deswegen immer dabei ist mein Feldbuch. Das kann ein einfaches Notizbuch sein, ich mag es gern mit kariertem Papier, manche Kollegen lieber mit ganz leeren Seiten.

Ganz toll ist es aus wasserfestem Papier. Ist aber teuer und muss nicht immer sein. Wenn es in Strömen gießt, lohnt sich Geländearbeit sowieso meist nicht mehr.

Dazu habe ich gleich mehrere Bleistifte mit, damit ich nicht unterwegs spitzen muss. Auch Kugelschreiber verwende ich gerne. Da müssen in meinem Rucksack immer mehrere vorrätig sein.

 

Was schreibe ich nun in dieses Feldbuch?

  • Als erstes immer das Datum. Normalerweise beginne ich damit auf einer neuen Seite.
  • Dann den Ort. Beispielsweise Name und Lage eines Aufschlusses (so nennen wir Geologen, wenn Gesteine an der Erdoberfläche zu sehen sind, wie an Straßenanschnitten oder in Steinbrüchen). Gegebenenfalls auch Koordinaten dazu, um den Aufschluss später wiederfinden zu können.
  • Das Projekt, für das ich unterwegs bin. Für größere Projekte verwende ich jeweils ein eigenes Buch. Kleinere Projekte kommen einfach nacheinander in ein gemeinsames Buch.
  • Das Ziel meiner jeweiligen Tätigkeit.
    • Dies kann eine einfache Exkursion sein, bei der ich einen ersten Eindruck von einem Aufschlussgewinnen will. Beispielsweise um zu entscheiden, ob sich ein weiterer Besuch und eine aufwendigere Aufnahme lohnen. Oder ob sich ein Aufschluss für eine geführte Exkursion eignet.
    • Das Ziel kann aber natürlich auch schon die genauere Aufnahme eines Aufschlusses sein. Was ich da in etwa mache, erfährst Du später in diesem Text.
  • Wenn ich mit jemand anderem unterwegs bin, die Namen aller anderen Personen. Einerseits hilft mir das, die Erinnerung an einen Aufschluss aufzufrischen, wenn ich mit meinem Feldbuch später weiterarbeite. Andererseits finde ich es schön, in alten Feldbüchern zu stöbern und mich auch an vielleicht lustige oder sonst schöne Erlebnisse mit Personen im Gelände zu erinnern.

Dies ist quasi der Titelbereich.

Als nächstes fertige ich eine grobe Skizze des Aufschlusses an. Meine zeichnerischen Fähigkeiten sind eher begrenzt. Aber es geht hier auch nicht um den künstlerischen Wert. Vielmehr hilft mir das Zeichnen beim Sehen von Details. Ich achte darauf, welche Strukturen ich schon aus einigen Metern Abstand erkennen kann, oder wo ich noch einmal genauer hinsehen möchte. Ob es mehrere verschiedene Gesteine gibt, und wie diese miteinander in Beziehung stehen. Sind es beispielsweise waagrechte Schichten übereinander, gibt es eine Falte oder sind Schichten gar gegeneinander verschoben?

Auch weitere Details schreibe und zeichne ich im Folgenden in mein Feldbuch. Dazu bei den einzelnen anderen Dingen mehr.

 

2. Kamera

Ebenfalls immer dabei ist eine Kamera. Mindestens die Smartphone-Kamera, aber wenn möglich, meine Spiegelreflex. Und von jedem Aufschluss mache ich mehrere Bilder. Einerseits Übersichten, am besten ein Bild oder ein Panorama aus mehreren Bildern, in dem der gesamte Aufschluss zu sehen ist. Gerne auch von Orientierungszeichen wie Wegweisern dazu, wenn ich denke, dass mir das beim Erinnern oder späteren Wiederfinden hilft.

Andererseits Aufnahmen von Details, die ich im Feldbuch beschreibe. Ins Feldbuch schreibe ich mir immer dazu, wovon ich Fotos gemacht habe und wie viele, um mir nachher die Zuordnung zu erleichtern. 

Sofern möglich, achte ich dabei darauf, einen Maßstab mit zu fotografieren (den Kameradeckel, eine Münze, einen Kompass, den Geologenhammer – oder noch lieber einen Meterstock). Und schreibe mir auf, in welche Himmelsrichtung ich die Bilder gemacht habe. Daran erinnere ich mich nämlich schnell nicht mehr – doch bei Strukturen kommt es auch auf deren Lage im Raum an

3. Kompass

Auch einen Kompass habe ich immer dabei. Diesen brauche ich nicht nur dafür, die Blickrichtung von Bildern zu bestimmen. Er dient auch dazu, die Lage von Flächen oder linienförmigen Strukturen im Raum zu bestimmen.

Interessante Flächen können beispielsweise durch Spalten („Klüfte“) im Gestein hervorgerufen werden. Jede Lage einer Fläche im Raum kann durch zwei Winkel eindeutig bestimmt werden. Geologen verwenden meist Erstens die Himmelsrichtung, in die eine Fläche geneigt ist (“Fallrichtung”). Und Zweitens den Neigungswinkel der Fläche (also den Winkel, den die Fläche mit einer gedachten Horizontalen bildet). Für linienförmige Strukturen ist es die Himmelsrichtung, in die diese Struktur verläuft und auch hier deren Neigungswinkel.

Beide Winkel können mit einem einfachen Kompass mit Neigungsmesser in zwei Arbeitsschritten bestimmt werden. Oder mit einem Geologenkompass („Gefügekompass“) in einem Arbeitsschritt.

Kompasse

Links im Bild ein gewöhnlicher Marschkompass mit ausgeklapptem Neigungsmesser, rechts ein geologischer Gefügekompass
Foto: Bianca Bürger 

Maßband im Einsatz

entlang eines Profils im Buntsandstein am Baderberg in Stadtroda (Thüringen)

4. Maßband/Meterstock

Was auch nicht fehlen darf, ist ein Meterstock. Diesen verwende ich nicht nur als Maßstab für meine Fotos (siehe 2.). Ich benötige ihn auch, um beispielsweise abzumessen, wie hoch und breit der gesamte Aufschluss ist oder wie dick („mächtig“) einzelne Schichten sind.

Zum Abmessen verwende ich jedoch lieber ein festes Maßband aus Metall als einen Meterstock. Es gibt da so praktische kleine Rollen.

 

Um Strukturen wie die erwähnten Klüfte in einem Aufschluss statistisch zu erfassen, lege ich mir ein längeres Maßband entlang einer gedachten Profillinie aus. Dann berücksichtige ich alle Strukturen, die diese Profillinie schneiden. Dadurch vermeide ich, dass ich große, auffällige Strukturen unbewusst bevorzuge.

Nun zu den Dingen, die ich nicht immer dabeihabe, wenn ich Geländearbeit mache.

5. Schieblehre

Manchmal will ich einzelne Strukturen, beispielsweise Mineralgänge, genauer vermessen als es mit einem Maßband möglich ist.

Dann verwende ich gerne eine Schieblehre (auch „Messlehre“ genannt).

Damit erziele ich eine Genauigkeit von einem Zehntel Millimeter.

Schieblehre

im Buntsandstein in Stadtroda (Thüringen), hier als Maßstab – aber eignet sich auch zur Bestimmung der Breite der mineralgefüllten Spalte darunter

6. Neigungsmesser

Zusätzlich zum Kompass, in dem ein einfacher Neigungsmesser eingebaut ist, nehme ich manchmal noch einen extra Neigungsmesser mit. Mit diesem lassen sich nämlich noch ganz andere Sachen machen. Beispielsweise kann ich mit dessen Hilfe sowie einem Maßband die Höhe einer Aufschlusswand ganz einfach bestimmen, ohne sie direkt auszumessen: (Ich messe den Abstand zur Wand bis zu meinem Standpunkt und bestimme dann den Winkel zwischen meinem Auge und der Oberkante der Wand, in dem ich durch den Neigungsmesser zur Oberkante schaue und die Skala ablese). Der Abstand zur Wand geteilt durch den Tangens des Winkels plus die Höhe meiner Augen ergibt dann die Höhe der Wand). Auch die Höhe anderer Strukturen lässt sich mit dieser Methode ganz einfach bestimmen – oder analog auch die Breite von Strukturen, die ich nicht erreichen kann.

Geologische Karte

Auf einer Exkursion in den Taunus zeige und erläutere ich eine geologische Übersichtskarte. 

7. Karten

Auch Landkarten habe ich nicht immer dabei. Wenn ich nur in einem einzigen Aufschluss arbeite, nehme ich häufig keine Karte mit. Ich habe mir dann schon vorab überlegt, wo ich hingehe. Wenn der Aufschluss nicht schwer zu finden ist, brauche ich auch keine Karte vor Ort.

Auch auf die geologische Karte (auf der die jeweils an der Erdoberfläche, beziehungsweise unter dem Boden, zu findenden Gesteine verzeichnet sind) schaue ich in der Regel vorab, habe sie jedoch eher selten dabei.

Anders wäre es natürlich, wenn die Geländearbeit gerade der Erstellung einer geologischen Karte dient. Dann gehört eine möglichst aktuelle topographische Karte in geeignetem Maßstab (üblich sind Karten im Maßstab 1:10.000) zur Ausrüstung. In diese werden dann alle Aufschlüsse und weitere Informationen eingetragen. Eine geologische Karte habe ich persönlich jedoch seit dem Studium nicht mehr erstellt.

Gelegentlich werde ich gefragt, ob ein GPS-Gerät nicht zur “Standard-Ausrüstung” gehört. Nun ja, das Wesentliche – Aufschlusskoordinaten abspeichern – kann das Smartphone auch, mehr brauche ich nicht. Als es noch kein Smartphone gab, konnte ich mir, wenn nötig, ein GPS-Gerät von der Uni ausleihen. Daher besitze ich gar kein eigenes Gerät, vermisse es aber auch nicht.  

 

8. Hammer

Viele Menschen sind überrascht, wenn sie hören, dass ich als Geologin nicht immer bei der Geländearbeit einen Hammer dabeihabe.

Warum? Einen Hammer brauche ich durchaus häufig. Es muss kein spezieller Geologenhammer sein. Ein einfacher Hammer aus dem Baumarkt tut es auch, nur zu leicht darf er nicht sein.

Der Hammer dient dazu, vom meist leicht angewitterten Gestein im Aufschluss ein Stück abzuschlagen und so das Gestein „frisch“, nicht verwittert, betrachten zu können. Oder dazu, eine Gesteinsprobe zu entnehmen.

 

Manche Aufschlüsse stehen aber unter Naturschutz, und ich darf gar nicht hämmern. Oder ich erkenne die Gesteine auch ohne Hammer. Und da es bei meiner Arbeit oft eher um die Strukturen im Gestein geht, benötige ich den Hammer schlicht nicht immer.

Geologenhammer im Einsatz

Auf einer Exkursion in den Taunus am Bahnhof von Eppstein (Gestein: Phyllit)

Lupe im Einsatz

Auf einer Exkursion in den Taunus betrachten Teilnehmer eine Gesteinsprobe mit der Lupe.

9. Lupe

Um das Gestein – in frischem Zustand (siehe oben) – besser betrachten zu können, habe ich oft eine Lupe dabei. Es ist eine ganz einfache Klapplupe mit 10-facher Vergrößerung. Damit lassen sich einzelne Kristalle oder Gesteinskörnchen gut erkennen. Die Gesteinsbestimmung wird dadurch leichter und besser.

10. Salzsäure

Manchmal habe ich auch ein Fläschchen verdünnte Salzsäure dabei. Wozu das? Nun, Salzsäure (mit der chemischen Formel HCl) reagiert mit Calcit (CaCO3) unter Bildung von Kohlenstoffdioxid (CO2). CO2 ist ein Gas, und wenn dieses entweicht, fängt es an sprudelnd zu blubbern (das kennst Du vom Öffnen einer Sprudelflasche). Wir können also Calcit ganz einfach durch Hinzugeben von Salzsäure nachweisen.

 

Reinen Kalkstein oder Marmor, der viel Calcit enthält, erkennen Geologen mit etwas Übung auch ohne Salzsäure. Schwierig wird es jedoch, wenn nur wenig Calcit vorhanden ist, beispielsweise in einem Sandstein, der sonst aus Quarzkörnchen besteht. Oder in einem Mergel, einer Mischung aus Kalk und Ton. Das sehe ich mit bloßem Auge nicht mehr, und auch die Lupe hilft mir da nicht weiter. Das kann aber wichtig sein. Und mit der Salzsäure ist dies ganz leicht zu erkennen.

Karbonattest mit Salzsäure

Kalkstein zeigt eine deutliche Reaktion: Die Salzsäure löst diesen blubbernd/ schäumend.

 

Außerdem gibt es noch andere Minerale, die in Salzsäure löslich sind.
Und Dolomit (Calcium-Magnesium-Karbonat, CaMg(CO3)2. sprudelt nur mit warmer Salzsäure. Dies führt hier jedoch jetzt etwas zu weit…

 

11. Probentüten

In manchen Fällen lohnt sich im Anschluss an die Geländearbeit auch eine genauere Analyse des Gesteins anhand von Proben. Analysiert werden je nach Fragestellung physikalische, beispielsweise mechanische Eigenschaften, Chemismus, Fossilinhalt oder Mineralgehalt.

Deswegen habe ich meist auch kleine Tüten mit, um Proben mitnehmen zu können. Ich verwende gerne Gefrierbeutel, die sind recht stabil. Beschriften lassen sich diese gut mit Kugelschreibern oder wasserfesten Stiften.

Mit Kreide markierter Aufschluss

In diesem Aufschluss an der walisischen Küste (Nash Point, Glamorgan) habe ich die hellgrauen Kalksteinschichten mit Buchstaben versehen. Dazwischen sind dunklere Mergel. Hier haben wir die weißen Calcit-Gänge vermessen und unter anderem markiert, durch welche Schichten diese jeweils hindurchgehen. 

12. Kreide

Manchmal benötige ich auch etwas, womit ich auf die Steine im Aufschluss schreiben kann. Beispielsweise kann es hilfreich sein, die Schichten zu nummerieren, um schnell notieren zu können, welche Strukturen in welchen Schichten vorkommen. Oder ich streiche die schon eingemessenen Strukturen ab, um zu vermeiden, dass ich welche doppelt einmesse, was meine Statistik ungünstig beeinflussen würde.

Besonders gut zum Markieren eignet sich Straßenmalkreide in mehreren Farben. Die wäscht später der Regen auch einfach wieder ab.

Dies sind also die 12 Dinge, die ich häufig zur Geländearbeit mitnehme.

Willst Du mehr darüber erfahren, wie ich diese verwende?

Dann komm doch mal mit mir ins Gelände!

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